Der Spanische Oberste Gerichtshof („Tribunal Supremo“) entschied am 3. Oktober 2024 in zwei Urteilen (Urteil Nr. 1232/2024/ Urteil Nr. 1233/2024), dass eine Mehrheit von 60 % ausreicht, um touristische Vermietungen in Wohnanlagen in Spanien zu verbieten oder einzuschränken.
Der Tribunal Supremo hat sich erstmals zur Auslegung und Anwendung des Artikels 17.12 spanischen Wohnungseigentumsgesetzes (Ley de Propiedad Horizontal, LPH) geäußert, der durch das Königliche Gesetzesdekret 7/2019 vom 1. März über dringende Maßnahmen in den Bereichen Wohnen und Miete eingeführt wurde.
Die Entscheidungen des Tribunal Supremos klären eine rechtliche Kontroverse, die zwischen verschiedenen Provinzgerichten bestanden hat. Diese betraf die Frage, ob das Verbot touristischer Vermietungen gemäß Artikel 5.e) des Mietgesetzes (Ley de Arrendamientos Urbanos, LAU) eine einfache Mehrheit von drei Fünfteln oder eine Einstimmigkeit aller Wohnungseigentümer erfordert.
Der Tribunal Supremo interpretiert den Begriff „Beschränkung oder Bedingung“ in Artikel 17.12 des LPH (Ley de Propiedad Horizontal) im Einklang mit Artikel 3.1 des spanischen Zivilgesetzbuchs (Código Civil) und gelangt zu dem Schluss, dass der Begriff „Grenze“ oder „Beschränkung“ nicht unbedingt eine restriktive Bedeutung haben muss und somit auch ein vollständiges Verbot der touristischen Vermietung umfassen kann.
Der Tribunal Supremo stützt sich in seiner Entscheidung auf bestehende Rechtsprechung, die bereits die Möglichkeit eines satzungsmäßigen Verbots von Kurzzeitvermietungen zu touristischen Zwecken anerkannt hatte. Maßgeblich sind hier die Urteile 358/2018 vom 15. Juni und 729/2014 vom 3. Dezember, sowie neuere Entscheidungen wie die Urteile 1643/2023 vom 27. November, 1671/2023 vom 29. November, 90/2024 vom 24. Januar, 95/2024 vom 29. Januar und 105/2024 vom 30. Januar. Diese Urteile bestätigen das Recht von Wohnungseigentümergemeinschaften, Beschränkungen und Verbote für touristische Vermietungen in den Gemeinschaftssatzungen festzulegen, wenn dies dem Schutz der gemeinschaftlichen Interessen dient.
Zudem wird die Entscheidung durch eine Interpretation, die auf den Zweck und die Zielsetzung des Gesetzesdekrets 7/2019 abstellt bestätigt. Das Dekret verfolgt das Ziel, die Wohnungsnot zu lindern, die durch steigende Mieten und die wachsende Beliebtheit von Ferienwohnungen verschärft wird. Der Preisanstieg im Mietsektor wird unter anderem dem Tourismus zugeschrieben, weshalb das Gesetz strenge Maßnahmen zur Regulierung der touristischen Vermietung vorsieht. Vor diesem Hintergrund unterstützt der Tribunal Supremo die Auffassung, dass das Verbot touristischer Vermietungen mit einer qualifizierten Mehrheit von drei Fünfteln der Eigentümer als verhältnismäßige Maßnahme zur Wahrung der gemeinschaftlichen Interessen angesehen werden kann.
Der Tribunal Supremo argumentiert abschließend, dass die Anforderung einer qualifizierten Mehrheit von drei Fünfteln notwendig sei, um das Gleichgewicht zwischen den Interessen der Gemeinschaft und individuellen Eigentümerrechten zu wahren. Ohne diese Regelung könnte ein einzelner Eigentümer die Einführung eines Verbots blockieren, was dem Schutz der gemeinschaftlichen Interessen zuwiderlaufen würde. Ein Veto durch einen einzelnen Eigentümer könnte den Willen der Mehrheit vereiteln, was insbesondere in großen Eigentümergemeinschaften problematisch wäre.
Auswirkungen des Urteils auf potentielle Käufer und Eigentümer mit bestehenden Genehmigungen zur touristischen Vermietung in Spanien
Für potenzielle Käufer, die Immobilien zur touristischen Vermietung in Spanien erwerben möchten, bedeutet dieses Urteil, dass sie vor einem Kauf sorgfältig prüfen sollten, ob in der Eigentümergemeinschaft bereits Einschränkungen bestehen oder in Zukunft eingeführt werden könnten. Dadurch steigt das Risiko, dass ein ursprünglich geplantes Geschäftsmodell später eingeschränkt oder sogar untersagt wird.
Für Eigentümer, die ihre Immobilien bereits für touristische Vermietungen in Spanien nutzen, könnte diese Entscheidung erhebliche Auswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit haben, besonders wenn die Gemeinschaft die notwendige Mehrheit für ein Verbot erreicht.
Der Tribunal Supremo liess jedoch die Frage der Rückwirkung auf bereits bestehende Genehmigungen zur touristischen Vermietung offen. Damit bleibt für Eigentümer, die schon eine Genehmigung besitzen, eine gewisse Rechtsunsicherheit, ob sie weiterhin touristisch vermieten dürfen, besonders wenn sich die Rahmenbedingungen ändern.
Grundsätzlich gilt im spanischen Recht, dass neue Regelungen oder Verbote nicht rückwirkend wirken dürfen. Das bedeutet, dass ein Eigentümer, der schon eine gültige Genehmigung für die touristische Vermietung hat, eigentlich von neuen Beschränkungen oder Verboten in der Eigentümergemeinschaft nicht betroffen sein sollte.
In der Praxis führt dies jedoch zu Streitigkeiten. Ein Punkt der Unsicherheit ist, was passiert, wenn eine bestehende Genehmigung abläuft und erneuert werden muss oder wenn sich die gesetzlichen Anforderungen für die Genehmigung ändern. In solchen Situationen könnte die neue Verbotsregelung möglicherweise Anwendung finden, weil die Eigentümergemeinschaft darauf bestehen könnte, dass jede neue Genehmigung den neuen Bestimmungen entspricht.