
Nießbrauch in Spanien, Nacktes Eigentum - Rechtliche Hinweise

Rechtsanwalt & Abogado
Inhaltsübersicht
Was ist der Nießbrauch in Spanien? Nacktes Eigentum - was ist das?
Der Nießbrauch (usufructo) gewährt das Recht zur Nutzung an fremden Sachen; dies verbunden mit der Verpflichtung deren Beschaffenheit (forma) und Substanz zu erhalten, sofern nicht durch den begründenden (Rechts-)Titel oder ein Gesetz etwas Anderes zugelassen ist.
Es handelt sich um ein dingliches Recht (derecho real). Der Nießbrauch ist im Einklang mit Artikel 2 Abs. 2 des spanischen Hypothekengesetzes im Eigentumsregister eintragbar und kann damit gegenüber Dritten geltend gemacht werden.
Die Bestellung des Nießbrauchs führt regelmäßig zu einem Auseinanderfallen des Volleigentums, nämlich in das nackte bzw. bloße Eigentum (nuda propiedad) und den Nießbrauch selbst.
In der Autonomen Region Katalonien ist der Nießbrauch eigenständig im 6. Titel des fünften Zivilgesetzbuches geregelt. Der vorliegende Beitrag bezieht sich nur auf die allgemeinen spanischen Regelungen des Código Civil.
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Wann ist die Gestaltung über die Bestellung eines Nießbrauchrechts in Spanien praxisrelevant?
In Spanien entscheiden sich nicht wenige Familien aus vermeintlich steuerlichen Vorteilen dafür, das Volleigentumsrecht an einer Immobilie aufzuteilen: nämlich in das nackte Eigentum und den Nießbrauch. Dies kann in Einzelfällen ein nachhaltiges Modell zur Nachlass- und Steueroptimierung sein.
Die Gestaltung sieht oftmals vor, dass den Eltern ein lebenslanges Nießbrauchrecht (usufructo vitalicio) an der Immobilie eingeräumt wird. Auf der anderen Seite werden die Kinder bereits als nackte Eigentümer (nudos propietarios) im Eigentumsregister eingetragen. Nach dem erwarteten Erstversterben der Eltern steigen die Kinder materiell-rechtlich unmittelbar zu Volleigentümern auf.
Ob derartige Modelle tatsächlich steuerlich günstiger sind, sollte in jedem Einzelfall genau und gründlich analysiert werden.
Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass sich Regelungen zur Erbschaft- und Schenkungssteuer je nach Autonomer Region erheblich unterscheiden können.
Nicht wenige Autonome Regionen sehen für nahe Familienangehörige (Ehepartner, Kinder) hohe „Freibeträge“ vor bzw. warten mit erheblichen Steuerermäßigungen auf.
Wie wird Nießbrauch unter spanischem Recht begründet?
Die Begründung des Nießbrauchs erfolgt durch Gesetz oder durch den Willen der Parteien – zum Ausdruck gebracht in Rechtsgeschäften unter Lebenden (actos entre vivos) oder alternativ durch eine letztwillige Verfügung (actos de última voluntad) sowie durch Besitz über eine bestimmte Zeit hinweg bzw. Ersitzung.
Unter welchen Bedingungen kann ein Nießbrauch in Spanien begründet werden – und worauf darf er sich beziehen?
Der Nießbrauch kann an allen oder einem Teil der Erträge einer Sache (frutos de la cosa) begründet werden, zugunsten einer oder mehrerer Personen, gleichzeitig oder nacheinander, und in jedem Falle ab oder bis zu einem bestimmten Tag, vorbehaltlos oder unter einer Bedingung.
Der Nießbrauch kann auch an einem Recht begründet werden, sofern keine höchstpersönliche Natur vorliegt oder dieses nicht übertragbar ist.
Woher ergeben sich die Rechte und Pflichten eines Nießbrauchberechtigten – und was gilt bei nicht hinreichenden Regelungen?
Die Rechte und Pflichten des Nießbrauchberechtigten ergeben sich aus dem nießbrauchbegründenden Titel. Bei Fehlen eines solchen rechtsbegründenden Titels oder bei nicht hinreichender Regelung, gelten nach Artikel 470 CC die Bestimmungen der Abschnitte Zweitens (Artikel 471 ff. CC) und Drittens (Artikel 491 ff. CC).
Was sind die Rechte des Nießbrauchberechtigten unter spanischem Recht?
Die Artikel 471 bis 490 CC regeln eine Fülle von Rechten des Nießbrauchberechtigten.
Insbesondere verfügt der Nießbrauchberechtigte das Recht an dem Erhalt der natürlichen, industriellen und zivilen Früchte sowie den nießbrauchbezogenen Gütern (bienes usufructuados).
Mit nießbrauchbezogenen Gütern sind diejenigen Güter gemeint, an denen das Nießbrauchrecht ausgeübt wird.
Darf der Nießbrauchberechtigte einen Anspruch selbst gerichtlich geltend machen – und was passiert, wenn er die beanspruchte Sache erhält?
Der Nießbrauchberechtigte an einem Anspruch auf Herausgabe einer Liegenschaft (predio) oder eines dinglichen Rechts (derecho real) oder einer beweglichen Sache (bien mueble) ist berechtigt, diesen Anspruch gerichtlich geltend zu machen.
Dabei kann er den Eigentümer verpflichten, ihm zu diesem Zweck zur Prozessführung zu ermächtigen und ihm die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel bereitzustellen.
Erwirbt der Nießbrauchberechtigte infolge der (gerichtlichen) Geltendmachung die beanspruchte Sache, beschränkt sich sein Nießbrauchrecht auf die Nutzung der Früchte.
Das Eigentum verbleibt in diesem Falle beim (nackten) Eigentümer.
Welche Aufbesserungen darf der Nießbrauchberechtigte in Spanien an Gütern vornehmen – und erhält er dafür Ersatz vom nackten Eigentümer?
Der Nießbrauchberechtigte darf an den Gegenständen, die dem Nießbrauch unterliegen, nützliche (mejoras útiles) oder komfortsteigernde Maßnahme (mejoras de recreo) dienende Verbesserungen vornehmen, sofern er deren Form oder Substanz nicht verändert.
Ein Anspruch auf Entschädigung steht ihm hierfür jedoch nicht zu.
Er ist jedoch berechtigt, diese Verbesserungen zu entfernen, sofern dies ohne negative Beeinträchtigung der Sache möglich ist.
Welche Verpflichtungen treffen Nießbrauchberechtigte während des Bestehens des Nießbrauchrechts?
In erster Linie muss der Nießbrauchberechtigte die nießbrauchgegenständlichen Güter in ihrer Beschaffenheit und Substanz erhalten.
Des Weiteren ist der Nießbrauchberechtigte zur Vornahme von gewöhnlichen Reparaturarbeiten (reparaciones ordinarias) an ihnen verpflichtet.
Als gewöhnliche Reparaturen definiert Artikel 500 Abs. 2 CC solche, die aufgrund der natürlichen Abnutzung oder Mängel durch gewöhnlichen Gebrauch entstehen und für den Erhalt der Sache unerlässlich sind.
Nimmt der Nießbrauchberechtigte diese Reperaturen nach Aufforderung durch den Eigentümer nicht vor, ist der Eigentümer berechtigt, sie selbst auf Kosten des Nießbrauchberechtigten durchzuführen.
Was muss der Nießbrauchberechtigte in Spanien bei außergewöhnlichen Reparaturen beachten?
Bei außergewöhnlichen Reparaturen muss der Nießbrauchberechtigte den Eigentümer zum einen in Kenntnis setzen. Zum anderen gilt, dass diesbezügliche Kosten durch den Eigentümer zu tragen sind.
Nimmt indessen der Eigentümer außergewöhnliche Reparaturen vor, so kann er vom Nießbrauchberechtigten während der Dauer des Nießbrauchs die gesetzlichen Zinsen auf den dafür aufgewendeten Betrag verlangen.
Unterlässt der Eigentümer solche Reparaturen, obwohl sie für den Fortbestand der Sache unerlässlich sind, darf sie der Nießbrauchberechtigte selbst durchführen. In diesem Fall hat der Nießbrauchberechtigte am Ende des Nießbrauchs Anspruch auf den durch diese Maßnahmen bewirkten Wertzuwachs der Liegenschaft.
Welche Pflicht hat der spanische Nießbrauchberechtigte am Ende des Nießbrauchs?
Nach Beendigung des Nießbrauchs hat der Nießbrauchberechtigte dem Eigentümer den Besitz an der nießbrauchgegenständlichen Sache einzuräumen.
Wie kann das spanische Nießbrauchrecht aufgelöst werden?
Artikel 513 CC normiert mehrere Möglichkeiten, wie das Nießbrauchrecht aufgelöst werden kann:
- Durch Tod des Nießbrauchberechtigten
- Durch Ablauf der von Anfang festgelegten Frist oder Eintritt einer auflösenden Bedingung
- Vereinigung des Nießbrauchrechts und des Eigentums in einer Person
- Verzicht des Nießbrauchberechtigten
- Vollständiger Verlust des nießbrauchgegenständlichen Objekts
- Durch Erlöschen des Rechts des Nießbrauchbestellers
- Durch Zeitablauf - z.B. Rechtserwerb eines Dritten
Wie wird das spanische Nießbrauchrecht besteuert?
Das Gesetz 29/1987 vom 18. Dezember zur Erbschaft- und Schenkungsteuer („LISD“) bestimmt in Artikel 26 unter anderem im Hinblick auf die Bestellung (constitución) sowie des Erlöschens (extinción) das Folgende zu dem zeitlich begrenzten Nießbrauch (usufructo temporal) und dem lebenslangen Nießbrauch sowie dem Wert des nackten Eigentums:
Wert des zeitlich begrenzten Nießbrauchs
Artikel 26 lit. a), erster Absatz LISD: Der Wert des befristeten Nießbrauchs wird proportional zum Gesamtwert der Vermögensgegenstände mit 2 % je Jahr berechnet, jedoch höchstens mit 70 %
Wert des lebenslangen Nießbrauchs
Artikel 26 lit. a), zweiter Absatz: Bei lebenslangen Nießbrauchsrechten wird der Wert auf 70 % des Gesamtwerts der Vermögensgegenstände geschätzt, wenn der Nießbrauchberechtigte jünger als 20 Jahre ist. Der Wert vermindert sich mit zunehmendem Alter um jeweils 1 % pro Lebensjahr, bis zu einem Mindestwert von 10 % des Gesamtwerts.
Wert des Rechts am nackten Eigentum
Artikel 26 lit. a), dritter Absatz: Der Wert des Rechts am nackten Eigentum wird als Differenz zwischen dem Wert des Nießbrauchs und dem Gesamtwert der Vermögensgegenstände berechnet.
Handelt es sich um lebenslange Nießbrauchrechte, die zugleich befristet sind, ist für die Wertermittlung des nackten Eigentums diejenige der zuvor genannten zwei Regelungen anzuwenden, die den geringeren Wert ausweist.
Im Falle des Erlöschens des Nießbrauchs wird gemäß Artikel 26 lit. c) LISD die Steuer entsprechend dem Bestellungstitel (título de constitución) erhoben, wobei der durchschnittliche effektiven Steuersatz Anwendung findet, der auf das Auseinanderfallen des Volleigentums (desmembración del dominio) entfällt.
Was ist in Bezug auf den Erwerb des nackten Eigentums steuerlich zu beachten?
Gemäß des letzten Absatzes des Artikel 26 lit. a) LISD erfolgt die steuerliche Veranlagung (liquidación), unter Berücksichtigung des entsprechenden Werts desselben; dies gegebenenfalls gemindert um sämtliche dem Steuerpflichtigen (contribuyente) zustehenden steuerlichen Reduktionen (reducciones) und unter Anwendung des durchschnittlichen effektiven Steuersatzes, der auf den Gesamtwert der Vermögensgegenstände entfällt.
ITP-Besteuerung bei Verkauf einer Immobilie in Spanien im Zusammenhang mit dem lebenslangen Nießbrauchrecht und nackten Eigentum
Grundsätzlich trägt der Käufer im Rahmen des Erwerbs einer Bestandsimmobilie in Spanien die im Zuge des Erwerbs anfallende Vermögensübertragungssteuer (Impuesto sobre transmisiones patrimioniales, ITP).
Allerdings kann es dazu kommen, dass ein nackter Eigentümer nach dem Versterben des lebenslangen Nießbrauchberechtigten und anlässlich eines Weiterverkaufs der Immobilie ebenfalls ITP-Steuer erklären und abführen muss.
Beispielsfall:
Vater und Sohn erwerben durch ein Kauf-/Verkaufsgeschäft (compraventa) als nicht unentgeltliches Rechtsgeschäft das Eigentum an einer Immobilie auf Mallorca.
Der Sohn wird im Zuge dessen nackter Eigentümer und für den Vater wird ein lebenslanges Nießbrauchrecht an der Immobilie bestellt.
Zum Zeitpunkt der Bestellung des Nießbrauchrechts ist der Vater 60 Jahre alt – wichtig für die Bestimmung des Prozentsatzes (s.u. zur 89er-Regel).
Einige Jahre später verstirbt der Vater – dies mit der Konsequenz des unmittelbar materiell-rechtlichen Wiederauflebens des Volleigentums zugunsten des Sohnes (sogenannte consolidación del dominio).
Der Sohn, der kraft einer Urkunde über die Erbschaftsannahme in Spanien im entsprechenden Eigentumsregister eingetragen wird, verkauft daraufhin an einen Dritten die Immobilie zu einem Kaufpreis in Höhe von 500.000,00 €.
Allerdings muss nun auch der Sohn als der bisherige nackte Eigentümer die Vermögensübertragungssteuer (ITP) erklären und abführen.
Warum?
Wiederaufleben des Volleigentums und die steuerlichen ITP-Konsequenzen bei Weiterverkauf einer in Spanien belegenen Immobilie durch den nackten Eigentümer nach Versterben des Nießbrauchberechtigten
Der Grund für die ITP-Besteuerung ergibt sich aus Artikel 42 Abs. 2 Königliches Dekret 828/1995 vom 29. Mai („RITP“):
Sofern das durch einen entgeltlichen Rechtstitel (título oneroso) aufgespaltene Eigentumsrecht als Volleigentum wiederauflebt, und zwar aufgrund des Ablaufs der vereinbarten Frist oder des Todes des Nießbrauchberechtigten, hat der nackte Eigentümer eine steuerliche Erklärung bzw. Abführung (liquidación) für denselben Erwerbstatbestand und unter denselben Voraussetzungen vorzunehmen, unter denen er zuvor das nackte Eigentum erworben hat.
Diese steuerliche Veranlagung bezieht sich auf den Prozentsatz, für den beim Erwerb des nackten Eigentums keine Besteuerung erfolgte; dieser Prozentsatz wird auf den Wert der Vermögensgegenstände (bienes) im Zeitpunkt des Wiederauflebens des Volleigentums angewendet, unter Zugrundelegung des zu diesem Zeitpunkt geltenden Steuersatzes.
Insofern sind für die Steuerveranlagung (a) zum einen der neue Volleigentumswert im Zeitpunkt des Wiederauflebens des Volleigentums anzusetzen, d.h. der Kaufpreis des Weiterverkaufs an den Dritten, und (b) zum anderen der Prozentsatz, der dem Nießbrauchrecht im Zeitpunkt der Eigentumsauftrennung entsprach.
Die 89er-Praxisregel zur Bestimmung des Prozentsatzes zu Zwecken der Wertermittlung des lebenslangen Nießbrauchrechts
Zur Bestimmung des anzuwendenden Prozentsatzes für die Wertermittlung des lebenslangen Nießbrauchrechts hat sich in der Praxis die „89er-Regel“ etabliert.
Von der Zahl 89 wird das Alter der nießbrauchberechtigten Person im Zeitpunkt der Bestellung des Nießbrauchrechts abgezogen.
In unserem Fallbeispiel wäre also von der Zahl 89 die Zahl 60 abzuziehen. Die daraus resultierende Zahl 29 wird nun als Prozentsatz auf den Kaufpreis des Weiterverkaufs angesetzt, d.h. in unserem Fallbeispiel 29% auf 500.000,00 €, mit dem Ergebnis 145.000,00 €.
Da in unserem Fallbeispiel der Immobilienweiterverkauf auf Mallorca erfolgt, ist der allgemeine ITP-Steuersatz von 8% auf den Wert des lebenslangen Nießbrauchrechts in Höhe von 145.000,00 anzusetzen. Als Ergebnis resultiert für den bisherigen nackten Eigentümer eine ITP-Steuerschuld i.H.v. 11.600,00 €.
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