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Infuencer-Marketing: Wettbewerbszentrale veröffentlicht einen neuen Leitfaden zur Werbekennzeichnung

Vanessa Guzek Hernando
Letzter Bearbeitungsstand: 19.11.2024

Influencer bzw. Influencer-Marketing sind in aller Munde. Ein EU-weite Marktbeobachtung in den einzelnen Mitgliedstaaten wurde Anfang des Jahres von der EU-Kommission vorgestellt. Insgesamt 576 Influencer-Profile, die in der gesamten EU überprüft wurden, wiesen darauf hin, dass nahezu alle (97 %) regelmäßig kommerzielle Inhalte in ihren Beiträgen posten. Trotzdem hätten nur 20% dieser Inhalte eine systematische Kennzeichnung als Werbung erhalten. Gemäß der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ist es aus Gründen der Transparenz notwendig, den wirtschaftlichen Zweck einer Geschäftstätigkeit zu identifizieren.

Am 28. August 2024 hat die deutsche Wettbewerbszentrale einen neuen Leitfaden für Influencer zur Werbekennzeichnung veröffentlicht.

Der Leitfaden soll influencern und Werbeagenturen einen kompakten Überblick darüber geben, wie Werbung auf Social-Media-Plattformen wie Instagram, TiktTok und Co. nach Auffassung der Wettbewerbszentrale transparent und im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht gekennzeichnet werden kann.

Hintergrund dieses Leitfadens ist die weiterhin bestehende Rechtsunsicherheit über die Kennzeichnungspflicht der Werbung durch Influencer.

Aktuelle Rechtsprechung zum Influencer-Marketing

– Im September 2021 wurden erstmals vom Bundesgerichtshof (BGH) Urteile gefällt (Urteile vom 09.09.2021, I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20). Sofern der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen hervorgeht, entschied der BGH in den behandelten Fällen, in denen Cathy Hummels unter anderem verklagt wurde, dass Posts, in denen selbstgekaufte Produkte dargestellt und verlinkt werden, nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssen. Dies trifft vor allem auf bekannte Influencer zu, deren Follower zahlreich sind. Allerdings müssen die Beiträge als Werbung gekennzeichnet sein, wenn sie eine Vergütung erhalten.

– Zwei weitere Urteile wurden im Januar 2022 vom BGH erlassen (Urteile vom 13.01.2022, I ZR 9/21 und I ZR 35/21). Es wurde diskutiert, ob es erforderlich ist, dass Influencer auch Beiträge über kostenlos bereitgestellte Waren und Dienstleistungen als Werbung kennzeichnen.

– Der BGH hat festgestellt, dass Influencer Beiträge in derartigen Situationen als Werbung gekennzeichnet werden sollten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass eine Entlohnung oder eine vergleichbare Gegenleistung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV auch einen materiellen Nutzen mit sich bringt, auch wenn das beworbene Produkt nur kostenlos angeboten wurde.

– Der Oberlandesgerichtshof (OLG) Frankfurt am Main hat im Mai 2022 eine Entscheidung zum Influencer-Marketing getroffen (Urteil vom 19.05.2022, Az. 6 U 56/21):

Wenn Influencer ein kostenloses Produkt bewerben, sollten Verlinkungen zu Unternehmen mit Tap-Tags als Werbung gekennzeichnet werden. Eine Verlegerin von Print- und Online-Magazinen klagte im zu entscheidenden Fall gegen eine Influencerin mit über einer halben Million Followern. Diese veröffentlichte auf ihrem Instagram-Profil Beiträge, in denen sie auf ein Paket verschiedener E-Books verwies, die ihr von einem Drittanbieter kostenlos zur Verfügung gestellt worden waren.

Die Influencerin wurde für diese Beiträge keine zusätzliche Bezahlung gewährt. OLG-Senat (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 31.03.2021, 2-6 O 271/20) bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und stellte fest, dass die Influencerin § 5a Abs. 6 UWG verletzt hatte. Die Beiträge trugen zur Förderung des E-Book-Anbieters sowie der Influencerins eigenem Unternehmen bei. Ein klarer Fall von „werblichem Überschuss“ wurde hierbei vom Gericht festgestellt.

Es ist ersichtlich, dass die höchsten Gerichte eine Werbekennzeichnung verlangen, die „auf den ersten Blick“ erkennbar ist. Der Leitfaden der Wettbewerbszentrale behandelt verschiedene Facetten der Kennzeichnung von Werbung. 

Darüber hinaus enthält der Leitfaden fiktive Werbebeispiele in Form von Posts, Stories und Reels, sowie eine Einführung in den rechtlichen Rahmen und die Hintergründe der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften sowie des Influencer-Marketings. Die Sichtweise der Wettbewerbszentrale zur Kennzeichnung von Werbung in sozialen Medien wird anhand dieser Beispiele deutlich.

Der Leitfaden ist für Influencer genauso geeignet wie für Unternehmen, die Influencer in ihre Werbekampagne einbeziehen möchten. Viele Unternehmen sind sich nicht bewusst, dass sie selbst auf Unterlassung für fehlende oder fehlerhafte Werbekennzeichnungen von Influencern haftbar gemacht werden können. Aus diesem Grund sollten Werbeunternehmen selbst dafür sorgen, dass die ihnen zugewiesenen Influencer immer werbliche Beiträge markieren.

Abschnitt A: Definition des Influencers

Der Leitfaden startet mit elementaren Angaben über das Influencer-Marketing. Zuerst wird erklärt, welche Bedeutung Influencer-Marketing aus der Perspektive der Wettbewerbszentrale hat und wer regelmäßig als Empfänger von Influencer-Werbung fungiert.

Darüber hinaus ist es rechtlich nicht völlig unwesentlich, den richtigen Adressaten zu identifizieren, da dieser für die spätere Bewertung einer Werbemaßnahme entscheidend sein kann. Aufgrund der Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen als Adressaten kann davon ausgegangen werden, dass diese besonders schutzbedürftig sind.

Abschnitt B: Gesetzliche Grundlagen der Kennzeichnungspflicht

Nach einer kurzen Einleitung wird dann eine Zusammenfassung der gesetzlichen Grundlagen der Kennzeichnungspflicht gegeben. Dabei ist es wichtig, auf die „neue“ Vorschrift in § 6 Abs. 1 Nr. 1 DDG hinzuweisen, die die vorherige Regelung in § 6 TMG ersetzt. Die Kennzeichnungspflicht werblicher Beiträge oder kommerzieller Kommunikation ist in folgenden drei Gesetzen geregelt:

• § 6 Abs. 1 Nummer 1 des DDG (Digitale-Dienste-Gesetz):
Eine kommerzielle Kommunikation muss deutlich als solche identifiziert werden. Der DDG regelt auch den Influencer als Accountinhaber, der nicht nur für private Zwecke tätig ist. Kommerzielle Kommunikation (§ 2 S.1 Nr.5b TMG a.F.; Art. 2 lit. f) RL 2000/31/EG) ist jede Kommunikation, die auf eine Absatzförderung gerichtet ist – hier herrscht ein weites Verständnis. Das DDG nimmt hiervon Kommunikationen aus, für die keine Gegenleistung erfolgt ist.

• § 22 Absatz 1 MStV (Medienstaatsvertrag):
Werbung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 S. 1 MStV) muss als solche deutlich erkennbar und eindeutig vom übrigen (redaktionellen) Inhalt getrennt sein. Danach findet Werbung häufig statt, wenn der Influencer eine Bezahlung oder eine vergleichbare Gegenleistung bekommen hat. Diese Regelung gilt auch für die Nutzung von Social Media Profilen von Influencern in den Telemedien. Auch für rundfunkähnliche Telemedien (§ 2 Nr.13 MStV) gelten im Medienrecht zusätzliche Regelungen und Werbegrundsätze (§ 2 Nr.13 MStV).

• § 5a Absatz 4 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb):
§ 5a Absatz 4 UWG bestimmt nachrangig das wettbewerbsrechtliche Verbot der Schleichwerbung. Soweit sich der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht direkt aus den Umständen ergibt, ist dieser zu kennzeichnen.

Die medienrechtlichen Vorschriften (DDG, MStV) gehen als Spezialregelungen dem UWG vor.

Abschnitt C: Umsetzung der Kennzeichnungspflicht

Allerdings stellt der Abschnitt C mit der Überschrift „Die Umsetzung der Kennzeichnungspflicht“ den praktisch wichtigsten Teil des Leitfadens dar. Die Wettbewerbszentrale erklärt in diesem Teil, wie sie die Kennzeichnung aus ihrer Perspektive rechtssicher durchführen kann. Anschließend sollte die Kennzeichnung schon bei erster Betrachtung erkennbar sein. Der werbliche Charakter eines Beitrags soll dafür nicht ausreichend sein: „(…) dass sich der Rezipient ihn bereits zur Kenntnis genommen hat oder sich intensiv mit dem Beitrag befassen muss.“
Die Kennzeichnung gemäß der Wettbewerbszentrale ist verständlich, besonders wenn die Ausdrücke „Werbung“ oder „Anzeige“ genutzt werden. Im Gegensatz dazu besteht die Gefahr, dass andere Begriffe nicht von allen Adressaten erfasst werden. Die Wettbwerbszentrale ist daher der Auffassung, dass die Verwendung der nachfolgenden Begriffe unzureichend ist:

• ad
• sponsored by
• shopping
• collaboration
• (paid) partnership
• bezahlt

Die Wettbewerbszentrale gibt hier ihre eindeutige Empfehlung, welche Kennzeichnungsformen sie als nicht ausreichend bezeichnen würde und die sie in der Vergangenheit auch (erfolgreich) abgemahnt hat.

Mit dem neuen Leitfaden erinnert die Wettbewerbszentrale noch einmal an das Thema Kennzeichnungspflicht, nachdem die Aufmerksamkeit der Medien etwas nachgelassen hat. Darüber, wann ein Beitrag gekennzeichnet werden soll oder auf die Kennzeichnung verzichtet werden kann, herrscht weiterhin große Unsicherheit.

Die Wettbewerbszentrale setzt sich weiterhin konsequent gegen fehlende oder fehlerhafte Werbekennzeichnungen durch Influencer ein. Der neu veröffentlichte Leitfaden ermöglicht es, eine Abmahnung durch die Wettbewerbszentrale abzuwenden.

In einem unverbindlichen Erstgespräch erläutern wir Ihnen gerne die neuen rechtlichen Implikationen des Leitfadens der Wettbewerbszentrale im Detail. Wir unterstützen Influencer in diesem Kontext, Rechtsklarheit zu erlangen.

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