Spanisches Erbrecht: Grundlegende Hinweise zum Testament nach spanischem Recht
Rechtsanwalt & Abogado
Einführende Anmerkungen
Auch das gemeine bzw. allgemeine spanische Erbrecht kennt die gewillkürte Erbfolge (sucesión testamentaria). Sie richtet sich nach Maßgabe des in einem Testament erklärten Willen der entsprechenden Person, Art. 658 Abs. 1 des Código Civil, „CC“. Kraft des Testaments kann der Testierende (testador) einen oder mehrere Erben bestimmen und weitere Regelungen hinsichtlich der Aufteilung seines Nachlasses treffen. Die Testamentserrichtung ist nach Artikel 670 Abs. 1 CC ein höchstpersönlicher Akt.
Hat der Erblasser kein Testament hinterlassen, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung, die sog. sucesión intestada bzw. sucesión legítima, die sich nach den Bestimmungen der Artikel 658 Abs. 2 i.V.m. 912 ff CC richtet.
Die gesetzlichen Vorschriften zum Testament finden sich im allgemeinen spanischen Zivilrecht in den Artikeln 662 ff. des Código Civil, „CC“. Das Testament stellt eine einseitige Verfügung von Todes wegen dar.
Daneben existieren in einigen Autonomen Regionen sog. Foralrechte (derechos forales) und besondere Zivilrechte, die das Erbrecht eigenständig und abweichend zu den Bestimmungen des allgemeinen Zivilrechts regeln, wie z.B. das Baskenland (País Vasco), Navarra, Aragón, Katalonien oder Galizien.
Kein gemeinschaftliches Testament
Ein großer Unterschied zum deutschen Erbrecht besteht deshalb, weil die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments nach dem allgemeinen spanischen Erbrecht nicht zulässig ist, vgl. Artikel 669 CC.
Foralrechte in einigen Autonomen Regionen sehen hingegen die gesetzliche Möglichkeit der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments vor, wie z.B. Aragón oder Navarra.
Testamentsarten nach spanischem Recht
Praxisbedeutung haben im allgemeinen spanischen Erbrecht vor allem die folgenden drei Testamentsarten:
- Eigenhändiges Testament (testamento ológrafo), Art. 688 ff. CC
- Offenes Testament (testamento abierto), Art. 694 ff. CC
- Verschlossenes Testament (testamento cerrado), Art. 706 ff. CC
Weitere Testamentsarten
Des Weiteren enthält das spanische Zivilgesetzbuch ferner Bestimmungen zu besonderen Testamenten (Artikel 677 CC):
– militärisches Testament (testamento militar, Art. 716 ff. CC)
– Seetestament (testamento marítimo, Art. 722 ff. CC
– ein im Ausland errichtetes Testament, Art. 732 ff. CC
Eigenhändiges Testament
Damit das eigenhändige Testament Wirksamkeit entfalten kann, muss es gemäß Artikel 688 Abs. 2 CC vollständig durch den Testierenden (testador) per Hand niedergeschrieben sein. Zudem muss das Testament durch ihn unterschrieben werden. Anders als die „Soll“-Vorschrift im deutschen Erbrecht (§ 2247 Abs. 2 BGB), besteht die Pflicht des Testierenden, eine Angabe zum Errichtungszeitpunkt zu machen (Jahr, Monat und Tag).
Zwischen den Zeilen eingefügte Streichungen oder Abänderungen im Testament können vorgenommen werden. Jedoch muss der Testierende an den betroffenen Stellen zu Wirksamkeitszwecken seine Unterschrift anbringen, Art. 688 Abs. 3.
Ausländer bzw. Nichtspanier können ein eigenhändiges Testament nach spanischem Recht in ihrer eigenen Sprache bzw. Muttersprache anfertigen, Artikel 688 Abs. 4 CC.
Wer ein eigenhändiges Testament nach dem Versterben des Erblassers in seinem Besitz hat, muss dieses nach Maßgabe von Artikel 690 CC einem Notar innerhalb von zehn Tagen seit Kenntnisnahme über den Tod des Erblassers vorlegen. Anderenfalls haftet die Person für entstandene Schäden. Generell gilt, dass eigenhändige Testamente nach Artikel 689 innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Versterben des Erblassers vor einem Notar zu protokollieren sind.
Anders als im deutschen Erbrecht folgt der Vorlage des eigenhändigen Testaments bei einem Notar ein Verifikationsprozess (proceso de adveración) zu Zwecken der Feststellung seiner Echtheit bzw. Authentizität. Dies kann ein zeitaufwändiger Prozess sein, bei dem Zeugen mitwirken müssen.
Das offene Testament
Das offene Testament kennzeichnet sich dadurch, dass die Personen, die den jeweiligen testamentarischen Rechtsakt genehmigen, von dem entsprechenden Inhalt Kenntnis nehmen, vgl. Artikel 679 CC.
Modalitäten des offenen Testaments
Ein offenes Testament kann zum einen – klassischerweise – vor einem Notar errichtet werden. Alternativ ist die Errichtung offener Testamente auch ohne notarielle Beteiligung möglich, vgl. Artikel 694 CC.
Bei der letztgenannten Modalität ist jedoch das Vorliegen besonderer Umstände die Voraussetzung:
– Nottestament im Falle unmittelbarer Todesgefahr (Art. 700 CC) sowie
– Testament im Falle einer Epidemie (Art. 701 CC)
Bei dem klassischen offenen Testament hat ein Notar mitzuwirken, Artikel 694 Abs. 1 CC.
Der Testierende übermittelt dem Notar seine letztwilligen Verfügungen in mündlicher Form oder schriftlich. Der Notar fertigt sodann eine Testamentsniederschrift an, die den Ort der Testamentserrichtung und eine entsprechende Zeitangabe (Jahr, Monat, Tag, einschließlich der Stunde) aufführt, vgl. Artikel 695 Abs. 1 CC.
Der Notar hat den Testierenden sodann auf sein Recht hinzuweisen, das Testament für sich selbst zu lesen, wobei der Notar nach seinem Hinweis die Niederschrift dem Testierenden vorlesen muss.
Der Testierende erklärt im Anschluss ausdrücklich sein Einverständnis (oder nicht) mit Blick auf die ihm vorgelesene Testamentsniederschrift. Das Einverständnis manifestiert der Testierende durch Anbringung seiner Unterschrift oder gegebenenfalls durch Unterschrift der Zeugen und weiteren Personen, die ggfs. anwesend sein müssen.
Artikel 695 Abs. 2 CC räumt ferner die Befugnis ein, dass sofern der Testierende nicht unterzeichnen kann, auf sein Ersuchen einer der Zeugen für ihn unterzeichnet. Zwei taugliche Zeugen müssen beispielsweise bei einer Testamentserrichtung anwesend sein, wenn der Testierende blind ist.
Das verschlossene Testament unter Berücksichtigung der Gesetzesreform aus 2021
Sinn und Zweck des verschlossenen Testaments ist, dass vor dem Tod des Erblassers keine Kenntnis über den Testamentsinhalt erlangt werden soll.
Artikel 706 Abs. 1 CC sieht zunächst grundsätzlich die Schriftform des geschlossenen Testaments vor. Sofern der Testierende das Testament handschriftlich verfasst hat, muss er das Testament nach Art. 706 Abs. 2 CC am Schluss unterzeichnen.
Im Zuge einer Gesetzesreform im Jahr 2021* gibt es eine Neufassung der Bestimmung des Art. 706 Abs. 3 CC: Sofern das Testament durch ein technisches Medium niedergeschrieben wurde oder auf Ersuchen des Testierenden durch eine andere Person, hat dieser das Testament auf allen seinen Seiten und am Ende zu unterschreiben. Ist das Testament in elektronischer Form niedergeschrieben, ist dieses mit einer anerkannten elektronischen Unterschrift (firma electrónica) zu unterzeichnen. In der Praxis sollte nach unserer Auffassung von der Errichtung eines elektronischen Testaments derzeit noch abgesehen werden. In der Rechtsliteratur gibt es nicht wenige kritische Stimmen, die das Fortbestehen der Gültigkeit einer ausgedruckten elektronischen Unterschrift kritisch sehen.
Sofern der Testierende das Testament nicht unterschreiben kann, unterzeichnet dies auf sein Ersuchen eine andere Person auf allen Seiten und am Ende des Dokuments, wobei die Gründe für die Verhinderung / Unmöglichkeit der Unterzeichnung anzugeben sind, Art. 706 Abs. 4 CC.
Das Testamentsdokument ist in einen Umschlag zu legen, zu schließen und zu versiegeln. Der Testierende hat sodann mit dem verschlossenen Testament vor dem beurkundenden Notar zu erscheinen. In Gegenwart des Notars hat der Testierende selbst oder durch einen anwesenden Übersetzer / Dolmetscher zu erklären, dass der Schriftbogen (pliego) sein Testament enthält, verbunden mit der Erklärung, ob dieses durch ihn niedergeschrieben und unterzeichnet wurde oder durch fremde Hand oder eines anderen mechanischen Mediums und ob sich auf allen Seiten und am Ende des Dokuments seine Unterschrift befindet oder auf sein Ersuchen eine Unterschrift einer anderen Person.
Der Notar errichtet sodann ein entsprechendes Protokoll über die Testamentserrichtung. Darin hält er unter anderem die Kenntnis des Testierenden über die Testamentserrichtung fest. Zudem protokolliert er die Feststellung über die Erfüllung der erforderlichen rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen zur Testamentserrichtung (capacidad legal). Nach Vorlesung des Protokolls unterzeichnet der Testierende oder die entsprechenden vorgesehenen Personen mit dem Notar. In dem Protokoll scheinen zudem der Ort sowie Zeitangaben (Stunde, Tag, Monat und Jahr) zur Testamentserrichtung auf.
Im Zuge der vorerwähnten Gesetzreform hat auch Artikel 708 CC eine Änderung dergestalt erfahren, dass Personen mit einer Sehbehinderung ein geschlossenes Testament errichten können, unter Nutzung mechanischer oder technologischer Mittel, die ihnen die Niederschrift und das Lesen erlauben, sofern andere gesetzliche Voraussetzungen des allgemeinen Zivilgesetzbuches erfüllt sind.
Der Gesetzgeber hat zudem auch Artikel 709 CC dahingehend reformiert, dass nach dem neuen Absatz 4 für Personen mit einer Sehbehinderung folgendes gilt: Bei der Einreichung des verschlossenen Testaments ist auf dem Umschlag (cubierta) mittels mechanischer oder technologischer Mittel, die ihnen das Lesen des Niedergeschriebenen erlaubt, anzugeben, dass sich darin ihr Testament befindet, unter Angabe des verwendeten Mittels und dass das Testament durch sie unterschrieben wurde.
Der Testierende kann das ihm nach der Beurkundung übergebene verschlossene Testament (Artikel 710 CC), bei sich aufbewahren, eine Vertrauensperson mit der Aufbewahrung beauftragen oder das Testament bei dem beurkundenden Notar hinterlegen, Art. 711 CC.
Wer ein verschlossenes Testament nach dem Versterben des Erblassers in seinem Besitz hat, muss dieses nach Maßgabe von Artikel 712 Abs. 1 CC einem Notar innerhalb von zehn Tagen seit Kenntnisnahme über den Tod des Erblassers vorlegen. Für den Notar, bei dem ein verschlossenes Testament hinterlegt wurde, gilt eine Mitteilungspflicht innerhalb von 10 Tagen nach Kenntnisnahme über das Versterben des Erblassers mit Blick auf das Bestehen des Testaments. Die Mitteilung ist an den Ehepartner, Abkömmlingen sowie weitere Verwandte zu richten.
Keine Bedingungsfeindlichkeit spanischer Testamente
Gemäß Art. 790 CC kann der Testierende bzw. Erblasser seine testamentarischen Verfügungen bezüglich des universellen Erbentitels mit Bedingungen versehen. Die Bedingungen dürfen allerdings keinen gesetzlichen Vorschriften zuwiderlaufen – siehe Spezialvorschriften der Art. 792 ff. CC – oder gegen die guten Sitten verstoßen.
Minderjährige und die Testamentserrichtung
Für die Errichtung eines Testaments muss eine Person mindestens das vierzehnte Lebensjahr erreicht haben, Art. 663 CC. Allerdings können diese Personen kein eigenhändiges Testament errichten, da sie Einklang mit Artikel 688 Abs. 1 CC volljährig sein müssen.
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