Markenrecht Moderecht
Vanessa Guzek Hernando
16/11/2024

Das französische Luxusmodehaus Yves Saint Laurent gewinnt ihren bei der EUIPO eingelegten Widerspruch gegen die chinesische Marke „Y5L„.

Am 12. November 2024 fällte die Widerspruchsabteilung des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine richtungsweisende Entscheidung im Fall Yves Saint Laurent (YSL) vs. Wenzhou Li Shang Optical, der einen entscheidenden Punkt im Markenschutzrecht betonte. Die Entscheidung (Widerspruch Nr. B 3 203 843), betrifft den Versuch der Firma Wenzhou Li Shang Optical Co. Ltd. aus China, ein Logo für Brillenprodukte anzumelden, das stark an das ikonische „YSL“-Logo erinnert, jedoch mit den Buchstaben „Y5L“ versehen ist. Das Widerspruchsverfahren berührte mehrere Aspekte des Markenrechts, insbesondere die Vorschriften zu „Rufausbeutung“ und „Schädigung des Markencharakters“, wie sie in Artikel 8 Abs. 5 der Unionsmarkenverordnung (UMV) verankert sind.

Hintergrund des markenrechtlichen Falls

Yves Saint Laurent, eine der renommiertesten Modemarken weltweit, legte gegen die Anmeldung der Unionsmarke „Y5L“ Widerspruch ein. Die Anmeldung umfasste Brillen und Sonnenbrillen (Klasse 9), für die die Antragstellerin ebenfalls ein gestalterisches Zeichen beanspruchte, das das „Y5L“-Monogramm enthält und visuell stark an das „YSL“-Logo angelehnt ist.  Die Widersprechende berief sich gemäß Artikel 8 Abs. 1 b) und Abs. 5 UMV auf die Bekanntheit und das Prestige ihrer Marke. Laut Yves Saint Laurent würde die Nutzung des „Y5L“-Zeichens nicht nur eine Verwechslungsgefahr schaffen, sondern auch von ihrem Ruf profitieren und dem Markencharakter erheblich schaden.

 

Gemäß Artikel 8 Abs. 1 b) UMV ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, „wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechsungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schliesßt die Gefahr von Verwechsungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“

Art. 8 Abs. 5 UMV regelt,  dass die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, „wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.“

Yves Saint Laurent legte in diesem Zusammenhang umfangreiches Beweismaterial vor, das die intensive Nutzung und den breiten Bekanntheitsgrad der „YSL“-Marke in der EU belegte. Die Marke genießt Anerkennung in der Modewelt, insbesondere in den Bereichen Brillen, Kleidung und Handtaschen (Klassen 9, 18 und 25), und wird von Konsumenten als Luxus- und Prestige-Symbol wahrgenommen. 

Reputation der Marke "YSL"

Die Widerspruchsabteilung der EUIPO stellte fest, dass die ältere Marke „YSL“ beim Publikum in der Europäischen Union für die Waren der Klasse 9 (Brillen, Sonnenbrillen), Klasse 18 (Handtaschen) und Klasse 25 (Bekleidung) über einen Ruf verfügt.

Visuelle und klangliche Ähnlichkeit der Marken

Die Widerspruchsabteilung stellte fest, dass eine erhebliche visuelle Ähnlichkeit zwischen dem „Y5L“-Logo und dem „YSL“-Logo besteht. Beide Logos nutzen eine vertikale Anordnung von Buchstaben, die sich überlappen. Obwohl die Zeichen sich durch den Buchstaben „S“ im Original und die Ziffer „5“ in der Anmeldung unterscheiden, sah die EUIPO eine hohe Verwechslungsgefahr. Dies liegt an der nahezu identischen Gestaltung und Struktur der beiden Logos, die eine optische Verwandtschaft betont. Die angegriffenen Produkte in Klasse 9 sind zudem mit den Produkten der Gegenseite in derselben Klasse identisch. Auch wenn die klangliche Ähnlichkeit weniger ausgeprägt ist, stellte die EUIPO fest, dass das „Y5L“-Logo und der Name „Yvonne L. Nº 5“ eine starke visuelle und teilweise auch phonetische Assoziation mit „YSL“ hervorrufen könnten, besonders für Verbraucher, die das Monogramm nicht detailliert wahrnehmen. Unter Berücksichtigung aller Elemente des Falls schlussfolgerte die Widerspruchsabteilung mithin, dass die Verbraucher eine gedankliche Verbindung zwischen den Zeichen herstellen könnten.

 

 

 

Rufausbeutung und Schädigung der Marke

Die EUIPO betrachtete die potentielle Rufausbeutung der Marke „YSL“ als gegeben. Die angegriffene Marke hätte durch die Assoziation mit der Marke „YSL“ erhebliche Vorteile, da Verbraucher eine Verbindung zwischen „Y5L“ und der Luxusmarke annehmen könnten. Diese „Markenassoziation“ könnte den Eindruck erwecken, dass die Produkte unter der Marke „Y5L“ von ähnlicher Qualität und Exklusivität wie die von Yves Saint Laurent sind, was jedoch nicht zutrifft. Dies würde die Marke „YSL“ in ihrem Marktwert und Ansehen schädigen, da Verbraucher getäuscht werden und die Marke an Exklusivität verlieren könnte.

 

Darüber hinaus würde die Verwendung des Logos „Y5L“ die Marke „YSL“ in ihrer Einzigartigkeit beeinträchtigen. Die dauerhafte Nutzung einer so ähnlichen Marke könnte die Unterscheidungskraft und den Markencharakter von „YSL“ auf lange Sicht untergraben. Diese Art der Rufausbeutung wird häufig als „Trittbrettfahrerei“ bezeichnet, wobei die angegriffene Marke ohne eigene Investitionen von dem etablierten Ruf der älteren Marke profitiert.

Entscheidungstenor

„In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist der Widerspruch gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV begründet. Daher muss die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden.
Da der Widerspruch nach Artikel 8 Absatz 5 UMV in vollem Umfang erfolgreich ist, ist es nicht erforderlich, die übrigen Gründe zu prüfen, auf die der Widerspruch gestützt wurde, nämlich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b EUMV.“

Die Entscheidung im Fall „YSL“ vs „Y5L“ verdeutlicht, wie die EUIPO renommierte Marken vor „Trittbrettfahrer“ schützt. Auch eine scheinbar geringe Abweichung in der Markengestaltung – wie hier die Verwendung der Ziffer „5“ statt des Buchstabens „S“ – kann zu einer Ablehnung führen, wenn sie eine Verwechslungsgefahr birgt und dem Ansehen einer etablierten Marke schadet. Diese Entscheidung dient als wichtiger Präzedenzfall für Unternehmen, die gegen ähnliche Verletzungen ihrer Marke vorgehen möchten.

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