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Leitfaden zur Erbschaftsabwicklung in Spanien (2025) - Erbschaftsannahme, Erbschaftsausschlagung und das spanische Pflichtteilsrecht

Steven Rudmann
Rechtsanwalt & Abogado
Letzter Bearbeitungsstand: 03.02.2025

Inhaltsübersicht

Einführung zur Erbschaftswicklung in Spanien

Die Vornahme der Erbschaftsabwicklung in Spanien (tramitación de herencia), z.B. zu Zwecken einer Erbschaftsannahme, kann aufgrund diverser Umstände ein komplexer Prozess sein. Nachfolgend beschreiben wir grundlegende Aspekte zur Erbschaftsabwicklung in Spanien nach dem allgemeinen spanischen Erbrecht.

Foralrechte und andere besondere Zivilrechte werden im vorliegenden Artikel nicht beleuchtet.

Erbenstellung im spanischen Erbrecht

Erben (herederos) sind nach dem allgemeinen spanischen Recht diejenigen, die dem Erblasser auf Grundlage eines universellen Titels nachfolgen, vgl. Artikel 660 des spanischen Zivilgesetzbuches (Código Civil, „CC“).

Die Erbschaft (herencia) umfasst alle Güter, Rechte und Verpflichtungen einer Person, die mit ihrem Tod nicht erlöschen, Art. 659 CC.

Über den Vermächtnisnehmer

In Abgrenzung zu Erben sind Vermächtnisnehmer (= legatario) diejenigen, die dem Erblasser auf Grundlage eines bestimmten Titels nachfolgen, Art. 660 CC. Ohne Vorliegen eines entsprechenden Testaments kann es nach den Grundsätzen des allgemeinen spanischen Rechts folglich kein Vermächtnis geben. 

Gewillkürte Erbfolge mit Testament

Der Erblasser kann mittels eines Testaments letztwillige Verfügungen treffen. Detaillierte Informationen zum Testament nach spanischem Recht haben wir in einem gesonderten Artikel bereit gestellt.

Beschränkte Verfügungsmöglichkeit des Erblassers über seinen Nachlass

Die Testierfreiheit des Testierenden (testador) bzw. Erblassers ist im spanischen Recht dergestalt beschränkt, dass er nicht in allen Szenarien frei über alle Güter und Rechte verfügen kann. In diesem Kontext unterscheidet das Gesetz zwischen Noterben (herederos forzosos) und Pflichtteilsberechtigten (legitimarios).

Das Noterbenrecht und Noterben im spanischen Recht

Der Pflichtteil wird in Art. 806 CC als der Anteil an Gütern des Erblassers bezeichnet, über die er anlässlich eines gesetzlichen Vorbehalts zugunsten bestimmter Erben nicht verfügen kann. Die bestimmten Erben werden als Noterben bezeichnet. Noterben sind nach Artikel 807 Abs. 1 CC die Kinder und Abkömmlinge (descendientes = Deszendenten bzw. Kindeskinder) hinsichtlich ihrer Eltern und Vorfahren (ascendientes = Aszendenten). 

Hatte der Erblasser keine Kinder, so sind Noterben die Eltern und Vorfahren hinsichtlich ihrer Kinder und Abkömmlinge sowie der überlebende Ehegatte (viudo / viuda), vgl. Artikel 807 Abs. 2 und 3 CC.

Gibt es keine Noterben, schreibt Artikel 763 Abs. 1 CC vor, dass der Erblasser testamentarisch frei über alle oder Teile seiner Güter zugunsten jedweder Person treffen kann, welche die rechtliche Fähigkeit (capacidad) zum Erwerb besitzt.

Pflichtteil (legítima) bzw. Noterbteil der Kinder und Abkömmlinge

Die Bestimmung des Artikel 808 Abs. 1 CC misst den Kindern und Abkömmlingen zwei Drittel am Nachlass (haber hereditario) der Eltern bei, der auch als „Großpflichtteil“ bezeichnet wird (legítima larga; teilweise wird auch von legítima amplia gesprochen).

Innerhalb dieses „Großpflichtteils“ gilt, dass ein Drittel unter den entsprechend anspruchsberechtigten Personen zu gleichen Teilen aufzuteilen ist (vgl. hierzu auch Artikel 932 CC). Dieses Drittel nennt man den strengen Noterbteil bzw. kleinen Pflichtteil (legítima estricta bzw. legítima corta). 

Das andere Drittel innerhalb des Großpflichtteils können Eltern ihren Kindern oder Abkömmlingen – ob natürlich oder im Wege der Adoption – als eine Aufbesserung bzw. erweiternde Hingabe (mejora) zuweisen, vgl. Artikel 808 Abs. 2 i.V.m. 823 CC.

Die freie Verfügbarkeit des letzten Drittels

Nur über das letzte Drittel kann der Erblasser nach Artikel 808 Abs. 4 CC frei verfügen.

Pflichteil bzw. Noterbteil des überlebenden Ehegatten

Zusammentreffen des überlebenden Ehegatten mit den Kindern oder Abkömmlingen: Der überlebende Ehegatte hat ein Recht auf den Nießbrauch an dem für die mejora zugewiesenen Drittel, also der Aufbesserung bzw. erweiternden Hingabe, Artikel 834 CC. 

Zusammentreffen des überlebenden Ehegatten mit Aszendenten: Sofern keine Abkömmlinge existieren, aber Aszendenten, besteht ein Recht auf den Nießbrauch an der Hälfte der Erbschaft, Art. 837 CC. Bei Fehlen von Deszendenten und Aszendenten hat der überlebende Ehegatte ein Recht auf den Nießbrauch an zwei Dritteln der Erbschaft.

Hinweis

In der Praxis kommt es beim Zusammentreffen des überlebenden Ehegatten mit den Kindern oder Abkömmlingen des Erblassers regelmäßig zur Zahlung einer lebenslangen Leibrente (renta vitalicia), Einräumung von bestimmten Gütern oder zu Einmalzahlungen. 

Derartige Verträge können mitunter eine gewichtige Komplexität aufweisen, so dass bei der Gestaltung und inhaltlichen Verhandlung der Klauseln die Beauftragung eines Rechtsanwalts erwogen werden sollte.

Pflichteil bzw. Noterbteil der Eltern und Vorfahren / Aszendenten

Stirbt der Erblasser ohne ihn überlebende Kinder oder Abkömmlinge, gilt nach Artikel Art. 807 Abs. 2 i.V.m. 809 CC, dass der Pflichtteil bzw. Noterbteil der überlebenden Eltern und Aszendenten des Erblassers die Hälfte des geerbten Vermögens der Kinde und Deszendenten ausmacht, wobei dieser gesetzlich vorbehaltene Pflichtteil bzw. Noterbteil unter den Eltern zu gleichen Teilen aufzuteilen ist.

Etwas anderes gilt, sofern neben dem überlebenden Ehegatten geerbt wird: Artikel 809 CC normiert in diesem Falle, dass sich der Pflichtteil bzw. Noterbteil dann lediglich auf ein Drittel der Erbschaft beläuft.

Darüber hinaus regelt Artikel 810 Abs. 2 CC den Fall, dass der verstorbene Erblasser nicht von seinen Eltern überlebt wird, sondern nur von Aszendenten gleicher Linie (väterlicher und mütterlicher Linie). Hierbei erfolgt eine hälftige Aufteilung des Nachlasses zwischen beiden Linien. Sofern die Aszendenten einen unterschiedlichen Verwandtschaftsgrad aufweisen, geht der Nachlassanteil im Ganzen zugunsten der näheren Linie oder anderen Linie.

Grundsätzliches zur Erbschaftsannahme und Erbschaftsausschlagung in Spanien

Eine Erbschaft kann gemäß der Bestimmung des Artikel 998 CC schlicht und einfach oder unter Anrechnung eines Nachlassverzeichnis (beneficio de inventario) angenommen werden. Die Erbschaft in Spanien kann durch diejenigen angenommen (oder ausgeschlagen) werden, die freie Verfügungsbefugnis über ihre Güter haben, vgl. Artikel 992 Abs. 1 CC.

Die schlichte und einfache Erbschaftsannahme erfolgt ausdrücklich oder konkludent, Artikel 999 CC. Dabei gilt nach der Bestimmung des Artikel 1000 CC

Die ausdrückliche Erbschaftsannahme erfolgt entweder in öffentlichem Dokument bzw. notarieller Urkunde oder privatschriftlich. 

Sofern eine Immobilie Bestandteil des Nachlasses in Spanien ist und eine entsprechende Grundbuchumschreibung zugunsten eines Erben angestrengt wird, muss dem zuständigen Eigentumsregister der Erbtitel (= Escritura de Aceptación y Adjudicacón de Herencia, Urkunde über die Annahme und Zuweisung einer Erbschaft, sogennante Erbschaftsannahmeurkunde) vorgelegt werden, vgl. Artikel 14 Spanisches Hypothekengesetz*.

Sowohl die Erbschaftsannahme als auch die Erbschaftsausschlagung sind gemäß der Bestimmung des Artikel 997 CC unwiderruflich. 

Bei der notariellen Erbschaftsannahme in Spanien müssen alle Erben im Grundsatz anwesend sein. Sie können sich jedoch mit einer notariellen Vollmacht zu Zwecken der Erbschaftsannahme vertreten lassen. Bei notariellen Vollmachten, die nicht in Spanien erteilt worden sind, muss eine beeidigte Übersetzung ins Spanische vorliegen. Zudem muss die notarielle Vollmacht mit einer Haager Apostille versehen sein.

* Decreto de 8 de febrero de 1946 por el que se aprueba la nueva redacción oficial de la Ley Hipotecaria; das spanische Hypothekengesetz spricht in Artikel 14 Abs. 3 mit Blick auf den Erbtitel von „título de la sucesión„.

Erforderliche Unterlagen für die Errichtung der spanischen Erbschaftsannahmeurkunde

Frist zur Erbschaftsannahme in Spanien

Die Frist zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft in Spanien beträgt im Grundsatz und unter Anwendung der allgemeinen Verjährungsregelungen 30 Jahre.

Eine andere Frist gilt mit Blick auf die spanische Erbschaftsteuer: Im Einklang mit den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften* ist die spanische Erbschaftsteuer innerhalb von sechs Monaten ab dem Versterben des Erblassers zu erklären und abzuführen. Die Erklärung und Abführung erfolgt im Wege der Selbstveranlagung (autoliquidación). 

Eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung kann innerhalb der ersten fünf Monate der Sechsmonatsfrist beantragt werden.

*Artikel 67 Königliches Dekret 1629/1991 vom 8. November über die Verabschiedung der Verordnung zur Erbschaft- und Schenkungsteuer.

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Unsere Leistungen zur Erbschaftsabwicklung in Spanien

Unter anderem:

– Vollumfängliche Beratung zu erbschaftsrechtlichen Angelegenheiten in Spanien, insbesondere zu Fragen einer Erbschaftsannahme, unter Berücksichtigung der spezifischen Individualverhältnisse
– Beratung zum spanischen Pflichtteilsrecht, Geltendmachung und Abwehr von Pflichtteilsansprüchen
– Beratung, Erstellung, Verhandlung, Abschluss von Erbvergleichsvereinbarungen
– Vorbereitung, Prüfung, Gestaltung der notariellen Erbschaftsannahmeurkunde
– Umschreibung von Grundstücken und Immobilien zugunsten der Erben + mögliche anschließende immobilienrechtliche Beratung bei geplantem Verkauf
– Umschreibung des Bankkontos
– Umschreibung von Kraftfahrzeugen
– Erklärung und Abführung der spanischen Erbschaftsteuer; diesbezügliche Beratung

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